Ja, ich beginne im neuen Jahr mit etwas, das uns alle irgendwie betrifft: Das Thema Wohnen und Wohnraum. Jeder braucht ihn, und ihn dem freien Markt zu überlassen, ist eigentlich die größte Ignoranz gegenüber Menschen, die man haben kann. Denn die Auswirkungen spürt jeder, der im Moment kein Eigentum hat oder von Null startet. Früher oder später werden es allerdings auch Besitzer:innen, Unternehmen und die ganze Gesellschaft zu spüren bekommen, dass es ein Schwachsinn war, hier nicht in irgendeiner Form einzugreifen.
Aber fangen wir mal von Anfang an. Gerade in Österreich und Deutschland liegt die Eigentumsquote weit unter dem EU-Schnitt, der etwa zwischen 50-55 % liegt. An sich ist es kein Problem, dass wir nicht alle in einer Eigentumswohnung oder einem Haus leben müssen. Die Bedürfnisse an Wohnfläche ändern sich regelmäßig im Laufe der Zeit: erste eigene Wohnung als alleinstehende Person, Zusammenleben mit dem/der Lebensgefährt:in, Familie mit Kindern, Scheidung, Jobwechsel etc. Dadurch ergeben sich neue Lebenssituationen, in denen es eventuell notwendig wird, die Wohnung zu vergrößern oder zu verkleinern.
So erkennt man eigentlich, wie flexibel so ein Markt sein müsste. Jedoch ist er das überhaupt nicht, gerade in den meisten Großstädten, wo der Großteil nur noch privat gebaut oder finanziert wird und die Wohnungen mittlerweile für den Normalsterblichen unleistbar geworden sind. Auch die Mieten sind mittlerweile ein Paradoxon für sich. Wie rechtfertigt man solche Mietpreise gegenüber Leuten, die täglich arbeiten gehen und dann mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten ausgeben? Wie soll da noch etwas übrigbleiben für Ersparnisse oder Dinge wie Kaffeebesuche, Restaurantbesuche oder gar Urlaub? Im Grunde wurde hier Spekulation auf etwas Grundlegendes unseres Lebens erlaubt, da es gerade im Neubaubereich in Österreich keine Regulierungsmechanismen gibt, die Mieten begrenzen. Haben wir wunderbar in den letzten Jahren der Inflation gesehen: Es gab schöne Mietpreiserhöhungen, die damit gerechtfertigt wurden, dass die Mieten mit der Inflation angepasst werden müssen, weil die Wohnungen saniert und instand gehalten werden müssen. Aber schauen Sie sich mal die meisten Wohnungen an: Was wird da nachträglich noch vom Vermieter gemacht? In meiner Karriere als Mieter habe ich nie irgendeine Verbesserung in einer Wohnung erlebt. Vielmehr muss man sich quasi auch noch sein Recht erstreiten, weil zuerst ja alles versucht wird, dass man aufgrund der Umstände es selbst bezahlt oder repariert. So viel zu der Arbeit von Vermietern vor allem da ich selbst auch zwei Wohnungen vermiete (ja, die sind geerbt, da ich mir das sonst nie hätte leisten können). Allerdings habe ich nicht die komplette Inflation an meine Mieter:innen weitergegeben, weil ich dies für sinnlos erachtet habe, da es ein reiner Gewinn für mich wäre, den ich nicht unbedingt benötige.
Von daher kenne ich beide Seiten sehr gut und weiß, dass man als Vermieter im Grunde sehr wenig zu tun hat. Wenn Reparaturen anstehen, werden diese gemacht und fertig, indem eine Firma beauftragt wird. Wo ist da jetzt das Problem? Allerdings sehe ich es nach wie vor kritisch, dass mit Wohnungseigentum Spekulation betrieben wird, weil es zu einer Verschlechterung derjenigen führt, die kein Eigentum besitzen und auf eine Mietwohnung angewiesen sind.
Zusätzlich führen diese privaten Investitionen sehr oft zu unfassbar hässlichen Gebäuden, die so kosteneffektiv wie möglich aufgestellt werden. Hierfür kann dann meist der Gestalter oder die Gestalterin gar nichts, die müssen sich ja an den Budgetrahmen halten. Sieht man daran, dass man in einer Schuhbox leben muss: Wohn- und Essbereich mit Küche ist ein großer Raum, und mit Glück gibt es dann noch eine Abstellkammer als Schlafzimmer. Vielleicht ist dann noch ein kleines Balkönchen angeschraubt, das weder nutzbar ist noch irgendeinen Vorteil zu einem gewöhnlichen Fenster bietet, aber natürlich wird dadurch der Preis nochmal höher. Was ist das für eine Lebensqualität? Dafür bezahlt man dann eine Unsumme an Miete oder einen Kaufpreis, der quasi jegliche Form der Einkommensrealität der meisten übertrifft.
Vor allem eines ist mir nach wie vor daran ein Rätsel: Es betrifft wirklich jeden in irgendeiner Form. Früher oder später auch alle Teile der Gesellschaft, weil Leute diese Preise nicht mehr bezahlen können – siehe jetzt, wo die Phase der Niedrigzinspolitik vorbei ist. Es gibt keine Kredite mehr und jetzt auf einmal boomt der Mietmarkt, was zu noch höheren Preisen führt – also ein Kreislauf der Sinnlosigkeit. Gerade in Zeiten, wo das Homeoffice an Bedeutung gewonnen hat, wird es irgendwann dazu führen, dass viele Leute eben nicht mehr in diesen Metropolregionen leben können und sich einen Ausweg zwangsläufig suchen müssen.
Hier ist halt die Frage. Wieso fehlt da die Regulierung für Leute, die hier ganz klar auf der Verliererseite sind? Die Leute, die Wohnungen besitzen, würden eigentlich auch durch strenge Regulierung nichts verlieren, weil das Kapital ist da. Und wenn mal eine Investition nicht aufgeht, halb so tragisch. Aber wenn es dem Großteil der Gesellschaft nicht mehr möglich ist, zu leben, dann steuern wir auf etwas zu, worauf man eigentlich niemals zusteuern möchte. Aber was weiß ich schon? Eventuell denke ich – und alle, die man so kennt und trifft und darüber klagen (vor allem die meisten nach der Babyboomer-Generation) – falsch. Ach ja, einen Vorteil hat dieses Schuhbox-Baumodell: Im Badezimmer ist die Dusche jetzt meistens wie bei Hotels einfach hinter einer Glaswand, was ja durchaus Vorteile bei der Reinigung bietet. Vergleicht man allerdings die ganzen anderen Nachteile, dann ist es in Summe diese Sache nicht wert gewesen.
Referenzen: Anbei noch die Links, welche ich für diesen Artikel als Inspiration verwendet habe:
https://www.derstandard.at/story/2000067031920/sieben-von-zehn-eu-buergern-sind-eigentuemer
https://ec.europa.eu/eurostat/en/web/products-eurostat-news/-/DDN-20171102-1
https://de.statista.com/infografik/8385/wohneigentumsquoten-in-europa/
https://orf.at/stories/3318620/
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Tabellen/tabelle-eigentumsquote.html